Zeitenwende ...
Liebe Leserin,
lieber Leser,
nach der Sommerpause, die für Sie hoffentlich ebenso inspirierend und erholsam war wie für mich, wünsche ich Ihnen einen guten Start wieder in den beruflichen Alltag. Für die Meisten von uns, die wir wohl mit Chören und pädagogischen Aufgaben zu tun haben, beginnt ja nach den Sommerferien Vieles wieder neu. Eine Zeitenwende sozusagen.
Die Zeitenwende in liturgischer Hinsicht steht mit dem Advent Ende November noch ein wenig in der Ferne, rückt aber in der kirchenmusikalischen Vorbereitung wohl bald einmal in den Fokus.
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Eine Zeitenwende zeichnet sich – leider, wie hier gesagt werden muss – auch im Bereich des Verbandswesens im kirchenmusikalischen Sektor ab. Aus Deutschland erreicht uns in den letzten Wochen die Nachricht, dass der Verband der Diözesen Deutschlands VDD dem Allgemeinen Cäcilienverband für Deutschland ACV den jährlichen Förderbeitrag ab 2027 streichen wird.
Der Medienmitteilung von Manuel Uder, dem Schriftleiter von Musica Sacra, entnehmen wir:
«Die DBK begründete den Schritt mit einem erheblichen Haushaltsdefizit, das zwingend ausgeglichen werden müsse. Auch der Bereich „Glaube und Bildung“, dem der ACV zugeordnet ist, müsse einen Beitrag leisten. Bischof Stephan Ackermann, Vorsitzender der Liturgiekommission, bekundete in einem Schreiben sein Bedauern, bezeichnete die Maßnahme jedoch als unumgänglich.
Beim ACV stieß die Entscheidung auf Unverständnis. „Ich bedaure sehr, dass die Bischofskonferenz uns vor vollendete Tatsachen gestellt hat. (…) Es muss bezweifelt werden, dass es einen qualitativ fundierten und transparenten Entscheidungsprozess (…) gegeben hat“, erklärte Präsident Msgr. Markus Bosbach in einer Pressemitteilung. Bereits ohne Kürzung wäre der Verband ab 2027 in ein strukturelles Defizit geraten. Nun sei klar: Die hauptamtlichen Strukturen könnten nicht in ihrer bisherigen Form bestehen bleiben, der laufende Transformationsprozess zur inhaltlichen, organisatorischen und personellen Erneuerung sei gestoppt.»
Scalae Vitae - Installation im Kloster Neustift, Brixen
© Foto: Johannes Diederen
Dass inzwischen auch kirchliche Stellen, denen der Erhalt von Kultur und Bildung neben religiösen und spirituellen Angeboten ein wichtiges Anliegen sein sollte, zum Sparen gezwungen sind, ist eine unübersehbare Tatsache.
Dass – man muss fast sagen «wieder einmal» – zuerst bei der Kultur und Musik gespart wird, gibt ein bedenkliches Signal nach aussen ab. Und zeugt in meinen Augen von kurzsichtigem Handeln. Immer wieder kann man Umfragen und persönlichen Gesprächen entnehmen, dass es gerade die Musik ist, die viele Menschen (noch) der Kirche die Stange halten lassen.
Wenn nun gerade in diesem Bereich gespart wird und dadurch wertvolle und notwendige Aufgaben in Koordination von Weiterbildung und weiterer kirchenmusikalischer Arbeit nicht mehr geleistet werden können, so tritt das womöglich eine sich beschleunigende Negativspirale los.
Weniger Menschen, die noch einen Bezug zur Kirche haben, bedeutet notgedrungen auch weniger finanzielle Ressourcen. Was wiederum zu noch mehr Sparmassnahmen zwingt. Was wiederum noch mehr Angebote schwinden lässt, was wiederum … den Rest können Sie sich selbst denken.
Zeitenwende zum Guten …
… kann gelingen. Qualitativ ansprechende und menschlich wie musikalisch begeisternde kirchliche und kirchenmusikalische Angebote finden auch heute den Weg zu den Menschen. Und diese dadurch den Weg in unsere Chöre, Gottesdienste, Konzerte und andere Veranstaltungen.
In Zeiten, in denen wir bei schwindenden finanziellen Mitteln den Gürtel quasi enger schnallen müssen, ist vielleicht die Frage zu stellen, ob eine verstärkte Rückbesinnung auf ehrenamtliches Engagement und Freiwilligenarbeit angesagt ist. Keinesfalls will ich damit gesagt haben, dass ein professionell geleisteter Orgeldienst oder eine Probe als Hobby betrachtet oder nicht entlöhnt werden soll. Ich bin dankbar, haben wir an vielen Orten finanziell abgesicherte Strukturen. Dafür setzt sich auch der SKMV immer wieder ein.
Aber die Zeitenwende zum Guten können wir anstossen, indem wir uns über eine dienstliche Verpflichtung hinaus Zeit nehmen. Zeit für die Menschen, mit denen wir zu tun haben. Zeit für ein kurzes Gespräch, eine Begegnung nach dem Gottesdienst, auf der Strasse. Zeit für eine Rückfrage oder ein klärendes Gespräch, statt über Mitarbeitende oder Missstände zu schimpfen. Zeit, innovative Angebote zu entwickeln und Menschen für Kirche und Kirchenmusik zu begeistern.
Es bleibt zu hoffen, dass das negative Beispiel aus unserem Nachbarland bei uns nicht Schule macht, sondern es uns gelingt, die Wichtigkeit der Kirchenmusik und der damit verbundenen und notwendigen strukturellen und organisatorischen Arbeit in Verbänden und Gremien auch weiterhin zu zeigen, indem wir sie überzeugend vorleben.
Uns allen wünsche ich die Energie, den Mut und die Zeit, uns immer wieder für eine positive Zeitenwende einzusetzen.
Ihr
Johannes Diederen