«Im wunderschönen Monat Mai...»

Liebe Leserin, lieber Leser

Wir befinden uns in der Osterzeit, eine Zwischenzeit auf dem Weg von Ostern zu Pfingsten hin. Dieses Jahr ist der gesamte Monat Mai geprägt von diesen 50 Tagen «Nachwehen» des Ostergeschehens – Pfingsten ist erst im Juni, da Ostern diesmal verhältnismässig spät gewesen ist.

Vielleicht ergeht es Ihnen auch so: Ostern ist vorbei, musikalisch geht es nun anders weiter. Die Auseinandersetzung um Leben und Tod von Karfreitag bis Ostern verblasst allmählich. Vielleicht ist dies auch eine gute Sache, denn es gibt uns die Möglichkeit, unsere Aufmerksamkeit auf das hier und jetzt zu lenken. Was also bedeutet der Monat Mai für uns?

Autor

Renata Maria Jeker

Mai 2025

HSLU Luzern - Impulstage Kirchenmusik

Im wunderschönen Monat Mai,
als alle Knospen sprangen,
da ist in meinem Herzen
die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,
als alle Vögel sangen,
da hab’ ich ihr gestanden
mein Sehnen und Verlangen.

Heinrich Heine, «Dichterliebe»

Maibummel, Maibaum, Maibowle…

... der Wonnemonat verspricht so einiges und macht gemäss einem bekannten Lied auch alles neu. Der Monat ist der Inbegriff von Frühling, Neubeginn und Liebe. Der Garten steht in voller Pracht, die Vogelbalz ist auf ihrem Höhepunkt und Hochzeiten haben Hochsaison.

Astrologisch betrachtet ist der Mai der Monat des Frühlings – mittig zwischen der Tagundnachtgleiche am 21. März und der Sonnenwende am 21. Juni. Aus botanischer Sicht ist er der Monat des Wachstums und der Blüte, wobei die Hobbygärtner mit dem Aussetzen der sensiblen Pflanzen jeweils bis nach den Eisheiligen vom 12. bis 15. Mai zuwarten.

All dies gehört zu unserer Lebensrealität, findet aber weder liturgisch noch kirchenmusikalisch eine Abbildung. Viel wichtiger sind da die kommenden Hochfeste: Auffahrt und Pfingsten.

Wenn Ostern auf die ersten Wochen nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche fällt, in die Zeit vom 22. März bis 11. April, dann feiern wir Pfingsten im Mai. Und nur wenn Ostern am spätmöglichsten Termin ist – zwischen 23. und 25. April – fällt das Fest von Christi Himmelfahrt auf den Monat Juni. Auffahrt ist also fast immer im Mai. So auch dieses Jahr.

Musikalisch ist Auffahrt ein Fest der vielfältigen Möglichkeiten. In manchen Pfarreien wird an diesem Tag ein Familiengottesdienst gefeiert, die Musik also entsprechend gewählt. Ich muss gestehen, dass die Werke für Christi Himmelfahrt bisher an mir «vorbeigeschossen» sind, da meine Chöre nie an jenem Feiertag gesungen haben. Darum hier nun ein kurzer Blick auf zwei Möglichkeiten:

Christi Himmelfahrt

Der Introitus von Christi Himmelfahrt wurde mehrfach vertont, unter anderem von Palestrina und Jan Pieterson Sweelinck. Auch wenn diese Musik für die meisten Kirchenchöre ausserhalb der sängerischen Möglichkeiten liegt, so lohnt es sich, diese Werke zu hören.

G.B. da Palestrina «Viri Galilaei»

Jan Pieterson Sweelinck «Viri Galilaei»

... und Marienmonat

Der Mai ist zudem, neben dem Oktober, der Marienmonat schlechthin. Die Maiandacht gehört zu den sogenannt «frommen Übungen», in der musikalisch aus dem Vollen geschöpft werden könnte, denn es gibt eine schier unüberschaubare Zahl an Kompositionen zu Ehren der Gottesmutter. Neben den frommen Marienliedern des späten 19. Jahrhunderts, die nach der Liturgiereform des II. Vatikanums nach und nach aus den Gesangs- und Gebetbüchern verschwanden, sind uns die Vertonungen der Marianischen Cantica und Hymnen geblieben. Auch hier finden wir einige Juwelen, die sich für eine Aufnahme ins Repertoire von ambitionierten Chören eignen: